In seiner Sitzung am 17. 11. 2020 hat der Markgröninger Gemeindesrat einstimmig das Radwegekonzept des von der Stadtverwaltung beauftragten Planungsbüros IGV verabschiedet. Der ADFC und der NaNo konnten im Vorfeld der Veröffentlichung eigene Vorschläge für die Verbesserung des Radverkehrs in Markgröningen einbringen, die teilweise in das Konzept eingeflossen sind. Dazu wurde von ADFC und NaNo eine Strecke von Unterriexingen bis zum Bildungszentrum Benzberg untersucht und konkrete Verbesserungen für den Radverkehr entwickelt und dargestellt, welche teilweise in das IGV-Konzept übernommen wurden. Trotzdem wurden hinsichtlich der generellen Führung von Radverkehren im Straßenraum und hinsichtlich der angedachten Zielgruppen auch Unterschiede in den beiden Konzepten deutlich. ADFC und NaNo haben deshalb die nachfolgende Stellungnahme zum IGV-Konzept den politischen Vertretern des Gemeinderats und der lokalen Presse vorgelegt.
Markgröningen, 14. November 2020
Gemeinderatssitzung am 17. 11. 2020
Tagesordnung Punkt 6 / Radwegekonzept
Der ADFC und die Bürgerinitiative NaNo hatten von der Stadtverwaltung die Gelegenheit bekommen, sich im Vorfeld der finalen Ausarbeitung des Radwegekonzepts mit eigenen Ideen zur Radwegeplanung einzubringen. Ein eigenes Radwegekonzept, welches eine Radwegverbindung vom Wasserturm zum Bildungszentrum am Benzberg untersuchte, wurde dem Planungsbüro IGV zur Verfügung gestellt. Bei einem Termin im Rathaus konnten wir den Vorentwurf des IGV-Radwegkonzepts kennenlernen und Kritik und Anregungen vorbringen. Dafür bedanken wir uns bei der Stadtverwaltung Markgröningen.
Die aktuelle Situation des Radverkehrs in Markgröningen zeigt, dass wir im Vergleich zu internationalen und regionalen Entwicklungen erst am Anfang stehen. Trotz verschiedenster Anstrengungen in der Vergangenheit und aktueller Ansätze im Zusammenhang mit dem Green-City-Masterplan sind bis auf zwei Fahrradstreifen in der Bahnhofstraße und einige Fahrradabstellplätze in der Innenstadt keine konkreten Radverkehrsprojekte umgesetzt. Und die Aufregungen bei der Einrichtung der Fahrradstreifen in der Bahnhofstraße zeigen, dass auch das öffentliche Bewusstsein für die Vorteile von mehr Radmobilität noch nicht genügend geschärft ist. Obwohl es die Kampagne Stadtradeln bereits seit 2008 gibt hat sich Markgröningen erst in diesem Jahr auf Initiative des ADFC und des NaNo daran beteiligt. Ebenfalls zum ersten Mal hat die Stadt Markgröningen beim aktuell laufenden ADFC-Fahrradklimatest die notwendige Teilnehmerzahl für eine Auswertung der Ergebnisse erreicht.
Es bleibt nun zu hoffen, dass die jetzt vorgelegten Radwegekonzepte von IGV und von ADFC/NaNo die Basis für konkrete Umsetzungen in naher Zukunft bilden und das Thema Radmobilität auch durch fortgesetzte Kommunikation einen höheren Stellenwert im öffentlichen Bewusstsein erhält.
Die beiden Radwegekonzepte verfolgen jedoch je eine andere Philosophie der Herangehensweise:
IGV Radwegekonzept
Hier wird vor allem „die subjektive Sicherheit des potentiellen Nutzers“ in den Vordergrund gestellt und eine Abkehr von dem in Deutschland gültigen Regelwerk für den Betrieb von Radverkehrsanlagen kurz ERA gefordert, die „den Radverkehr als Fahrverkehr sieht und ihn damit auf der Fahrbahn gemeinsam mit dem Kraftfahrzeugverkehr mit der Aufbringung von Fahrradstreifen ansiedelt. In dieser Konsequenz werden im IGV-Konzept Radverkehre auf Nebenstraßen umgeleitet, oder zusammen mit Gehwegen geführt. Hier setzt die Kritik von ADFC/NaNo an, da mit dieser Herangehensweise Fahrradmobilität aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt wird und dem motorisierten Verkehr weiterhin der Straßenraum uneingeschränkt überlassen wird. Von IGV angeführte Beispiele aus Dänemark und den Benelux-Ländern beziehen sich auf Radverkehrsstrukturen mit jahrzehntelanger Tradition und einem hohen Stellenwert im öffentlichen Bewusstsein, die in Markgröningen beide nicht gegeben sind. Konkret entwickelt das IGV-Konzept Lösungen für sogenannte Konfliktpunkte, lässt aber eine durchgehende Wegeführung im Detail unbeschrieben.
ADFC/NaNo Radwegekonzept
Unser Radwegekonzept beschränkt sich bewusst auf eine durchgehende Radwegeführung von Unterriexingen zum Bildungszentrum Benzberg, als Beispiel für eine wichtige Verbindung für Schulverkehre. Unser Ausgangspunkt ist eine gerechtere Aufteilung des zur Verfügung stehenden Straßenraums, welcher zum Großteil dem fahrenden und stehenden motorisierten Individualverkehr kurz MIV überlassen wird. Weiter gehen wir davon aus, dass nur ein Mehr an Sichtbarkeit von Radverkehren auch ein Bewusstsein in der Bevölkerung für alternative Mobilitätsformen schafft.
Deswegen legen wir auch weiterhin den Schwerpunkt auf die Führung von Radverkehren auf der Fahrbahn mit Kennzeichnung durch Fahrradstreifen in Kombination mit Geschwindigkeitsbeschränkungen, auf das Befahren von Einbahnstraßen und verkehrsberuhigten Zonen in beiden Fahrtrichtungen für den Radverkehr und auf Ampelschaltungen an Kreuzungspunkten, die Radverkehren eine flüssige Querung ohne lange Wartezeiten ermöglichen. Wir sind mit dieser Herangehensweise nicht allein.
So weist die Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen (agfk) den Schutzstreifen eindeutige Vorteile für den Radverkehr zu: "Schutzstreifen sind eine vergleichsweise einfach und günstig umsetzbare Möglichkeit, den Radverkehr sichtbarer und sicherer zu machen." https://www.agfk-bw.de/projekte/modellprojekte-schutzstreifen-2019-2021
In der Handreichung für Radverkehrsbeauftragte https://www.agfk-bw.de/fileadmin/user_upload/Projekte/Ueberzeugend_argumentieren_Handreichung_fuer_Radverkehrsbeauftragte_Maerz_2018.pdf liefert die afgk schlagkräftige Argumente für eine konsequente Radverkehrsförderung. Auf Seite 10 werden im Abschnitt 4 eindeutige Vorteile für Schutzstreifen benannt.
Die von uns vorgeschlagene Streckenführung beinhaltet die Neuanlage eines Radweges vom Wasserturm zur Volmarstraße, die Ausweisung der Graf-Hartmann-Straße in ihrer ganzen Länge als Fahrradstraße, die Weiterführung entlang der Grabenstraße bis zur Kreuzung am Esslinger Tor und das schlussendliche Erreichen des Bildungszentrums über die Münchinger und Schwieberdinger Straße. Als Gesamtkonzept hätte es den gewünschten Effekt der Sichtbarkeit und mit seiner Fokussierung auf Schulverkehre eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung.
Was jetzt realisiert und weiter geplant werden sollte
Folgende Punkte der von uns vorgeschlagenen Streckenführung wurden auch von IGV aufgegriffen und als kurzfristig umsetzbar bewertet:
Den nachfolgend genannten Maßnahmen aus unserem Vorschlagskatalog sollte Priorität in den weiteren Planungen eingeräumt werden: